Hallo und schon vorab viel Lob für dieses tolle Forum!
Ich habe mich nun schon zum dritten Mal um einen Studienplatz für das 1. klinische Fachsemester an allen möglichen deutschen Universitäten beworben, teilweise sogar zum 4. Fachsemester oder 6. Fachsemester, da ja einige Unis im Sommersemester keine Bewerber zulassen. Ich bin Teilstudienplatz Inhaberin gewesen und denke nun, nach 1,5 Jahren Zwangspause, über eine Klage nach. Ich habe gehört, dass die Bewerbung auf außerkapazitäre Plätze und das Eilverfahren auch zum Teil selbst möglich ist und dann bei erst jeweiligen Ablehnungen die anwaltliche Hilfe genutzt werden könnte. Stimmt das und wie sicher ist das bei eigener Durchführung? Wann wäre der Zeitpunkt die Kanzlei um Mithilfe zu bitten? Da das Budget vermutlich vieler interessierter Studenten nicht so groß ist, um die Klage von mehr als 10 Unis zu unterhalten (was aber offenbar notwendig ist, um die Chancen möglichst hoch zu halten), wäre dies vielleicht eine Möglichkeit, trotz geringerem Budgets eine Klage zu verwirklichen. Als weitere Frage hätte ich, welche Unis am lukrativsten sind, also am meisten Erfolg versprechen. Vielen Dank schonmal für Ihre Antwort! Mit ganz herzlichen Grüßen Katharina
Vor den Verwaltungsgerichten besteht kein Anwaltszwang, das ist richtig. Man kann als Studienbewerber prinzipiell die notwendigen außerkapazitären Zulassungsanträge bei den Hochschulen und alsdann die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei den Verwaltungsgerichten einreichen. Erst wenn ein Rechtsmittel gegen einen etwaigen ablehnenden Beschluss eines Verwaltungsgerichts eingelegt werden soll (=Beschwerde), muss ein Rechtsanwalt beauftragt werden. Vor den Oberverwaltungsgerichten/Verwaltungsgerichtshöfen besteht Anwaltszwang.
Es gibt allerdings eine Reihe Probleme:
1. Zunächst einmal gilt es, diverse Frist- und Formvorschriften zu wahren. Dies kann auch für einen nicht auf dem Gebiet des Hochschulzulassungsrechtes bewanderten Rechtsanwalt zu einem Problem werden. Ein "Nichtjurist" kann hier schnell einen folgenschweren Fehler machen. Insofern sollte gegebenenfalls in jedem Fall entsprechende Fachliteratur hinzugezogen werden.
2. Nur Spezialisten auf diesem Rechtsgebiet (eine Handvoll Anwälte in Deutschland) kann einigermaßen zuverlässig prognostizieren, an welchen Hochschulen eine Studienplatzklage Aussicht auf Erfolg bietet und von welchen man "die Finger" lassen soll. Insofern kann ich Ihnen leider auch auf Ihre letzte Frage keine Antwort geben. Da die Prognose über die Erfolgswahrscheinlichkeiten einen nicht unwesentlichen Teil unserer Arbeit ausmacht, wäre eine Offenlegung dieser Informationen an Nicht-Mandanten ein Verstoß gegen anwaltliche Pflichten; wir würden hiermit die Chancen unserer Mandanten mindern. Ich bitte um Verständnis, dass ich diesbezüglich keine genauen Auskünfte geben kann. Sie können sich aber an die Studentenvertretungen der einzelnen Universitäten wenden und erfragen, ob Studienplatzklagen an der jeweiligen Hochschule in der Vergangenheit Erfolg hatten. Dies ist zumindest ein Indiz dafür, dass eine Klage nicht von vornherein aussichtslos ist.
3. Weil ein nicht anwaltlich vertretener Studienbewerber nicht so recht wissen kann, bei welchen Hochschulen eine Klage Aussicht auf Erfolg hat, wird er wahrscheinlich auch Hochschulen verklagen, bei denen von vornherein keine Aussicht auf Erfolg besteht - dies treibt die Kosten unsinnig in die Höhe; eventuell wird er auch durch Verletzung von Frist- und Formvorschriften nicht bei der Vergabe eventueller vom Verwaltungsgericht ermittelten Studienplätze berücksichtigt werden. Die Kosten können unter dem Strich bei einer solche Vorgehensweise über den Kosten liegen, die bei anwaltlicher Vertretung von Beginn an entstehen.
4. Seriöse Anwaltskanzleien werden Sie wohl nicht nur im Beschwerdeverfahren vertreten. Wir lehnen diese Mandate grundsätzlich ab. Es macht schlicht und einfach mehr Arbeit, einen Mandanten in zweiter Instanz zu vertreten, wenn dieser in erster Instanz alle Anträge und Schriftsätze selbst gefertigt hat. Unsere Büroorganisation ist darauf ausgerichtet, einen Mandanten vom außerkapazitären Zulassungsantrag an die Hochschule bis zum eventuellen Beschwerdeverfahren zu vertreten.
Zusammenfassend können wir - nicht nur aus Eigennützigkeit - nicht wirklich dazu raten, eine Studienplatzklage (zumindest in einem medizinischen Studiengang) ohne anwaltliche Hilfe in Angriff zu nehmen, auch wenn natürlich durchaus auch so eine Chance besteht, einen Studienplatz zu erstreiten.
Erfahrungsgemäß betragen die Kosten des eigenen Anwalts etwa ein Drittel bis die Hälfte der insgesamt entstehenden Kosten. Dieses Geld ist unseres Erachtens gut investiert.
Wir empfehlen für Studienbewerber zum 1. klinischen Semester das Verklagen von 8-12 Hochschulen. Unsere Erfolsquote beträgt bei dieser "Taktik" bislang 100 % bei einer maximalen Verfahrensdauer von einem halben Jahr.
Haben Sie bedacht, dass Sie während des Studiums auf einem Teilstudienplatz Wartesemester gesammelt haben? Je nach gesammelter Wartezeit vor Aufnahme des Studiums könnte eine Zulassung über die Wartezeit in greifbare Nähe gelangen.
Alexander Klein Rechtsanwaltsfachangestellter
Rechtsanwälte Dr. Brehm & Dr. Zimmerling www.zimmerling.de 0681/37940-26
Vielen, vielen Dank für diese ausführliche und sehr hilfreiche Antwort. Ich denke damit sind gute Argumente dargestellt, das Verfahren komplett über den Rechtsanwalt anzugehen. Sie haben mir bei dieser Entscheidung sehr geholfen und mich vermutlich vor viel unnötiger Arbeit und Fehlern bewahrt. Auch dafür vielen Dank! Über die Stiftung Hochschulstart habe ich mich auch beworben, meine Wartezeit ist allerdings noch nicht erreicht und angesichst der Doppeljahrgänge in den kommenden Bewerbungszeiträumen wird sich diese vermutlich eher noch verlängern.