meine Freundin hat leider vor kurzem einen Ablehnungsbescheid für ihr Wunschstudium (Masterstudiengang BWL) erhalten. Sie gehört zu den Top-Absolventinnen ihres Bachelorstudiengangs (<8%) und erfüllt alle Zugangsvoraussetzungen. Da die Anzahl der Bewerber die Anzahl der Studienplätze erwartungsgemäß überstieg, führte die Universität auf Grundlage eines komplexen Scoringmodells eine Bewertung und Auswahl der Bewerber durch.
Wir sind der Meinung, dass zumindest ein Kriterium dieses Modells – welches meiner Freundin mutmaßlich die Zulassung gekostet hat – gleich aus mehreren Gründen rechtswidrig ist und erwägen deshalb eine Klage. Es handelt sich somit nicht um eine Kapazitätsklage sondern um eine Klage gegen das Auswahlverfahren.
Vorher beschäftigen uns allerdings noch wichtige Fragen.
Meine Freundin hat sich an weiteren Universitäten auf zumindest ähnliche Studiengänge beworben und dementsprechend auch Zulassungsbescheide erhalten. Jedoch kann ein Studium an diesen Universitäten nur als Notlösung angesehen werden. Um vorerst auf „Nummer sicher“ zu gehen, möchte sie sich nun an einer dieser Universitäten einschreiben.
1) Welche Auswirkungen würde diese Immatrikulation auf eine eventuelle Klage haben? Insb. geht es uns darum, inwiefern dies Auswirkungen auf den vorläufigen Rechtsschutz haben würde.
2) Des Weiteren interessiert uns, ob es Erfahrungswerte gibt, inwiefern sich Universitäten in einer wie oben beschriebenen Situation frühzeitig auf einen Vergleich einlassen (z.B. um Imageschäden zu vermeiden; natürlich nur unter der Annahme, unsere Argumente gegen das Auswahlverfahren wären stichhaltig).
Ich bedanke mich herzlich für Ihre Hilfe! Mit freundlichen Grüßen
Zu ihrer ersten Frage, wie sich eine Immatrikulation auf eine eventuelle Klage auswirkt, kommt dies ganz darauf an, in welchem Studiengang diese Immatrikulation erfolgt. Soweit die Masterstudiengänge an den entsprechenden Hochschulen deckungsgleich sind, hätte dies zur Folge, dass eine Kapazitätsklage im vorläufigen Rechtsschutz ausscheidet. Verfassungsrechtlich muss nur gewährleistet werden, dass der Studienwillige Zugang zu dem von ihm gewünschten Studiengang erhält. Es besteht kein Anspruch diesen Studiengang an einer bestimmten Hochschule zu besuchen. Sollten die jeweiligen Masterstudiengänge indes signifikant voneinander abweichen, handelt es sich nicht um denselben Studiengang und einer Kapazitätsklage im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes würde dies nichts schaden.
Ob die Studiengänge deckungsgleich sind oder nicht, lässt sich nur anhand der jeweiligen Studienordnungen ermitteln. Letztlich ist man insoweit abhängig von der Auffassung des zu entscheidenden Gerichtes. Wenn das Gericht der Auffassung ist, dass die Studiengänge signifikant voneinander abweichen, hat man Glück. Wenn das Gericht nicht dieser Meinung ist, wird man verlieren.
Zu ihrer zweiten Frage ist es selbstverständlich möglich, gegen die Universität und ihre Entscheidung Widerspruch einzulegen. Da sie von Anfang an keine Zulassung erhalten hat, ist die Wahrscheinlichkeit der Kulanz der Universität eher gering. Ein Widerspruchsverfahren samt eventueller Klage so begründet sie auch sein mögen, wird sich voraussichtlich bis zu zwei Jahren ziehen. Auf die Tatsache, dass sie möglicherweise Recht haben mit ihren Einwendungen, können sie sich insoweit nicht verlassen. Die Universitäten lassen sich nur höchst ungern in ihren Vergabekriterien einschränken.
Eine andere Sache wäre es, wenn ihre Freundin zu unrecht eine Zulassung erhalten und nachträglich entzogen bekommen hätte. In einem solchen Fall ist die Kooperationsbereitschaft von den Universitäten sehr viel höher. In ihrem Fall besteht aus Sicht der Universität indes kein Zugzwang. Sie kann sich gemütlich zurücklehnen und abwarten, ob die Widerspruchsbehörde respektive das Gericht der Auffassung sind, dass die Vergabekriterien falsch sind.
Dies kann wie bereits erwähnt längere Zeit in Anspruch nehmen. Dies ist indes unproblematisch neben dem Studium an einer anderen Hochschule möglich. Auf ein Widerspruchsverfahren hat die Immatrikulation an einer anderen Hochschule keine Auswirkung.
Wir hoffen, ihnen insoweit geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen B. Zimmerling Rechtsanwalt
Sie haben uns damit sehr geholfen. Die Universität hat zugesagt, die Bewerbungsunterlagen nochmals zu überprüfen. Wir wollen zunächst also noch das Ergebnis der Prüfung bzw. die Begründung der Absage abwarten, bevor wir eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen.