ich hatte mich fristgerecht für den Masterstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beworben. In diesem Jahr habe ich mein Studium in Betriebswirtschaftslehre an der ASW Berufsakademie abgeschlossen, parallel dazu studiere ich im Zweitstudium Informatik an der Fernuniversität Hagen.
Nachdem ich Ende August noch keine Rückmeldung vom KIT hatte, wollte ich dort den aktuellen Stand erfragen. Zunächst wurde eine Einsicht in die Bewerbungsakte abgelehnt, nach einigen Schreiben und Telefonaten konnte ich nun Anfang der Woche Einsicht nehmen. In der Akte war vermerkt, dass ich bestimmte Voraussetzungen nicht erfülle und deshalb eine Ablehnung zu erfolgen habe. Dies wurde bereits Ende Juli festgestellt, mir aber bis heute nicht mitgeteilt. Die nicht gegebenen Voraussetzungen waren (§5 der Prüfungsordnung): 1. ein bestandener Bachelorabschluss oder mindestens gleichwertiger Abschluss an einer Universität, Fachhochschule oder Dualen Hochschule oder an einer ausländischen Hochschule. Das Studium muss im Rahmen einer mindestens dreijährigen Regelstudienzeit und mit einer Mindestanzahl von 180 ECTS-Punkten im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen bzw. einem der folgenden Studiengänge absolviert worden sein: Technische Volkswirtschaftslehre, technisch orientierte Betriebswirtschaftslehre, Informationswirtschaft, Wirtschaftsinformatik oder Wirtschaftsmathematik, 2. notwendige durch den Bachelorabschluss vermittelte erforderliche Vorleistungen in den Fächern Mathematik und/oder Statistik (ausgenommen der Leistungen aus Abschlussarbeiten) im Umfang von insgesamt mindestens 25 Leistungspunkten,
Mündlich teilte man mir in der Akteneinsicht mit, dass ich die Punkte nicht erfülle, weil ich mich mit dem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre bewerbe und dieser nicht als gleichwertig anzusehen sei. Die im Zweitstudium Informatik erreichten Punkte würden deshalb nicht berücksichtigt. Somit wurden in Punkt 2 auch nur die 9 ECTS in Mathematik aus dem BWL-Studium anerkannt.
Wie stehen die Chancen einer Klage in diesem Fall? Aus meiner Sicht sind mehrere Punkte angreifbar: * Telefonisch teilte mir die Studiengangskoordination noch Mitte letzten Jahres mit, dass man sich auch mit dem Vorstudium BWL bewerben könne. Im Dezember 2012 wurde die Auswahlsatzung angepasst, so dass nun lediglich die oben genannten Studiengänge zugelassen werden. Auch wurden die erforderlichen Punkte in Mathematik/Statistik (siehe Punkt 2) von 20 auf 25 ECTS erhöht. * Die genannten Studienrichtungen Wirtschaftsinformatik, Technische Volkswirtschaftslehre, technisch orientierte Betriebswirtschaftslehre, Informationswirtschaft, Wirtschaftsinformatik oder Wirtschaftsmathematik sind sehr unterschiedlich ausgestaltet. Rechnet man die Punkte aus meinem Studium in BWL und Informatik zusammen, so decke ich zumindest die Schnittmenge der am KIT angebotenen Studiengänge Technische Volkswirtschaftslehre, Wirtschaftsmathematik, Informationswirtschaft und Wirtschaftsingenieurwesen ab. Insbesondere habe ich zusammen mit dem Zweitstudium Informatik sehr große Überschneidungen mit Informationswirtschaft. * Wenn man die Punkte aus dem Studium Informatik hinzuzählt, so erfülle ich auch Punkt 2 der Auswahlsatzung, da im BWL-Studium 9 ECTS und im Informatik-Studium 20 ECTS erreicht wurden. * Im Juli 2012 hat das KIT auf der Website angegeben, dass 240 Studienplätze zur Verfügung stehen. Nun heißt es dort: "Die Anzahl der Studienplätze wird jedes Jahr neu festgelegt. Im Studienjahr 2012/13 betrug die Anzahl der Studienplätze 210." Vielleicht ist auf diesem Weg eine Kapazitätsklage möglich
Wie stehen meine Chance, durch die Studienplatzklage einen Studienplatz zu bekommen? Sind die von mir genannten Punkte überhaupt relevant? Mit welchen Kosten muss ich ungefähr rechnen (bzw. in welchem Bereich bewegen sich diese?) und wie lange dauert ein solches Verfahren? Bisher habe ich noch keinen Bescheid erhalten, ist eine Klage ohne Bescheid überhaupt möglich?
Bei einer Studienplatzklage muss man differenzieren, ob die Ablehnung begründet wird mit der nicht hinreichenden Qualifikation (fehlende ECTS Punkte) oder mit der angeblich ausgeschöpften Ausbildungskapazität. Letzteres scheint zweifelhaft zu sein, wenn die Ausbildungskapazität innerhalb eines Jahres von 240 auf 210 Studienplätze gesenkt wurde. Allerdings ist eine Kapazitätsklage gegen eine baden-württembergische Hochschule nur dann möglich, wenn vor dem 15.07. ein entsprechender Zulassungsantrag (auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität) gestellt wurde. Dies ist vorliegend mit Sicherheit nicht der Fall, so dass die Kapazitätsklage ausscheidet.
Soweit es um die Behauptung des KIT geht, dass die erforderliche Qualifikation für die Zulassung zu diesem Masterstudiengang nicht nachgewiesen wurde, kann man hierüber im Wege der Klage bzw. des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens streiten. Das Problem ist, dass das VG Karlsruhe insoweit nicht das schnellste Gericht ist, es wird erfahrungsgemäß frühstens im Mai/Juni nächsten Jahres (rückwirkend für das Wintersemester 2013/2014) entscheiden. Ob die Begründung für die Ablehnung des KIT tragfähig ist, muss einstweilen offen bleiben. Auf jeden Fall müssen diese einen schriftlichen Bescheid erlassen. Alsdann kann man über die gegebene Begründung streiten.
Können Sie eine Einschätzung über die Erfolgsaussichten abgeben? Gibt es z.B. ähnlich gelagerte Fälle? Mit welchen Kosten muss ich bei einem solchen Verfahren ungefähr rechnen?
ergänzend noch eine Frage: Gibt es die Möglichkeit, das Verfahren in einem Eilverfahren abzuschließen? (http://www.meisterernst.de/download/prax...chuere-2012.pdf, Seite 16: "Die Verfahren um die Zulassung zum Masterstudium laufen in der Regel als gerichtliche Eilverfahren ohne mündliche Verhandlung ab.")
Um eine ganz grobe Einschätzung zu geben: Sie müssten mit Kosten um die 2.000 € - 3.000 € rechnen.
Selbstverständlich sollte eine Entscheidung im Eilverfahren (=vorläufiges Rechtsschutzverfahren) angestrebt werden. Ein Klageverfahren würde Jahre dauern.
Zu den Erfolgsaussichten wird sich Herr Dr. Zimmerling in den nächsten Tagen äußern.
Alexander Klein Rechtsanwaltsfachangestellter
Rechtsanwälte Dr. Brehm & Dr. Zimmerling www.zimmerling.de 0681/37940-26
Bei einer einzelnen Zulassungsklage lassen sich die Erfolgsaussichten nie einschätzen. Es gibt insoweit mehrere Unsicherheitsfaktoren:
Zunächst einmal müssen wir nachweisen, dass die Kapazitätsberechnung unrichtig ist. Alsdann stellt sich die Frage, ob die Hochschule überbucht hat. Da erfahrungsgemäß nicht alle zugelassenen Studenten den Studienplatz auch annehmen, lassen die Hochschulen in aller Regel mehr Studienbewerber zu als es der Zulassungszahl entspricht (in der Gewissheit, dass ein Teil der Studienbewerber den Studienplatz nicht annimmt). Diese "Gewissheit" kann jedoch mitunter trügen. Wir haben es schon vielfach erlebt, dass die festgesetzte Zulassungszahl nicht unerheblich überbucht ist. Diese Überbuchungen sind in aller Regel kapazitätsdeckend, so dass etwaige noch vorhandene Studienplätze auf diese Art und Weise besetzt werden. Darüber hinaus weiß niemand, wie viele Studienbewerber gerade in dem bestimmten Studiengang gegen die betreffende Hochschule klagen. Je geringer die Konkurrenz ist, umso höher ist die Zulassungschance. Allerdings können Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zumindest noch bis Ende Oktober für das Wintersemester gestellt werden. Von daher können wir nur ganz generell - über alle Studiengänge hinweg - sagen, dass unsere Erfolgsquote sehr hoch ist. Dies ist jedoch keine Aussage für das konkrete Zulassungsverfahren.
Dr. Zimmerling Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeits- und Verwaltungsrecht
Die Antwort Ihrer Mitarbeiterin hatte ich so gedeutet, dass in meinem Fall gar keine Kapazitätsklage in Frage kommt, da mich das KIT aufgrund mangelnder Qualifikation abgelehnt hat. Hatte ich das soweit richtig verstanden?
Ich könnte mir vorstellen, dass die Auswahlsatzung des KIT nichts rechtens ist, da: * Noch vor einem Jahr auch Bewerber der Studienrichtung Betriebswirtschaftslehre zugelassen wurden * Das KIT nur die im Abschluss Betriebswirtschaftslehre erreichten ECTS-Punkte berücksichtigt hat, nicht aber die aus meinem Parallel-Studium in Informatik
Besteht hier noch die Chance, zum WS13/14 zugelassen zu werden? Gibt es evtl. ähnliche Fälle bzgl. mangelder Qualifikation, die zugunsten des Studenten entschieden wurden? Besteht die Chance, dass bei entsprechender Argumentation (eines sachverständigen Rechtsanwalts) das KIT die Ablehung auch kurzfristig zurückzieht?
Ich habe zwischenzeitlich einen Ablehnungsbescheid erhalten und muss innerhalb eines Monats Klage einreichen. Der Bescheid ist jedoch fehlerhaft, da dort steht, dass ich nicht zum SS2013 angenommen werden könne. Beworben hatte ich mich jedoch zum WS13/14. Hier wurde anscheinend die alte Briefvorlage übernommen.
Probleme des Zulassungsrechtes lassen sich in einem Forum nur begrenzt erörtern. So wäre es denkbar, dass die Auswahlsatzung des KIT in den letzten 12 Monaten geändert wurde, mit der Folge, dass nach anderen Kriterien nunmehr die Bewerber ausgewählt wurden. Relativ unerheblich dürfte es hingegen sein, ob im Bescheid zu Unrecht das SS 2013 anstatt richtigerweise das WS 13/14 erwähnt wird (so lange aus sonstigen Umständen ersichtlich ist, um welches Zulassungsverfahren es geht).
Die Gerichte prüfen immer wieder, ob die von den Hochschulen aufgestellten Qualifikationsvoraussetzungen rechtmäßig sind. Die Hochschulen haben hierbei jedoch einen großen Spielraum. Nur relativ selten werden von den Gerichten die Auswahlkriterien verworfen. Im Ergebnis kommt es somit auch auf die Begründung des Ablehnungsbescheides an. Da uns diese nicht bekannt ist, müssen wir in diesem Forum die weitere Diskussion beenden.
Dr. Zimmerling Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeits- und Verwaltungsrecht