Wir weisen immer wieder darauf hin, dass eine (zu hohe) Überbuchung die Erfolgsaussichten einer Studienplatzklage (hauptsächlich in nichtmedizinische Fächer) gegen 0 tendieren lassen kann. Verständlicherweise gibt es aber Missverständnisse darüber, was eine Überbuchung eigentlich ist.
Genau genommen gibt es zwei Arten von Überbuchungen.
1. Wenn eine Hochschule eine Zulassungszahl von bspw. 100 Studienplätzen für einen Studiengang ermittelt hat, dann lässt sie natürlich nicht nur 100 Studienbewerber zu. In aller Regel nimmt nicht jeder zugelassene Bewerber den Studienplatz an. Viele Bewerber haben sich an vielen Hochschulen beworben und nehmen natürlich nur eine Zulassung an. Deswegen ist die Annahmequote praktisch nie gleich 100 Prozent. Da die Hochschulen nicht x Nachrückverfahren durchführen möchten, lassen sie also mehr Studienbewerber zu, als es der festgesetzten Zulassungszahl entspricht; sie überbuchen also die Zulassungszahl (bezogen auf die ausgesprochenen Zulassungen). Diese Überbuchung erfolgt aber nur mit dem Ziel, dass sich möglichst genau so viele der zugelassenen Bewerber immatrikulieren, wie es der Zulassungszahl entspricht. Hierfür prognostizieren die Hochschulen das Annahmeverhalten der Studienbewerber, und zwar anhand der Annahmequoten der letzten Jahre. Wenn bspw. in den letzten 3 Jahren 50 % der zugelassenen Bewerber den angebotenen Studienplatz angenommen haben, dann lässt die Hochschule auf die errechneten bspw. 100 Studienplätze 200 Studienbewerber zu, sie überbucht um 100 %. Wenn dann (wieder) 2/3 der zugelassenen Bewerber den Studienplatz annehmen, sind genau 100 Studenten immatrikuliert - Punktlandung. Die Hochschule muss kein Nachrückverfahren durchführen.
2. Bei dieser Überbuchung kann es zu Unfällen kommen. Wenn im vorgenannten Beispiel überraschenderweise nicht nur 50 % der Bewerber den Studienplatz annehmen, sondern bspw. 75 %, dann sind auf 100 errechnete und festgesetzte Studienplätze 150 Studenten immatrikuliert. Damit muss die Hochschule dann leben. Die Zulassungszahl ist dann überbucht bezogen auf die Zahl der immatrikulierten Studenten. Erst das ist für die Studienplatzklage ein Problem: Die 50 zusätlzichen Studienplätze sind kapazitätsdeckend. Wir müssten also in diesem Beispiel nicht einen weiteren Studienplatz, sondern 51 weitere Studienplätze errechnen.
Ob eine Zulassungszahl (bezogen auf die erfolgten Immatrikulationen) überbucht ist, erfährt man in aller Regel erst zu spät, nämlich wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits anhängig ist. In diesen Fällen bleibt dann manchmal nichts anderes übrig, als den Antrag zurückzunehmen. Dies ist aber die Ausnahme. Die Hochschulen sind verpflichtet, ihre Annahmeprognose genau und auf Grundlagen der letzten Jahre zu erstellen. Macht eine Hochschule hierbei einen Fehler, kann es sein, dass die Überbuchung vom Gericht nicht als kapazitätsdeckend anerkannt wird.
Man sollte sich auf jeden Fall nicht von einer Studienplatzklage abhalten lassen, nur weil man hört, dass die Hochschule in dem einzuklagenden Studiengang überbucht hat. Diese Überbuchungen beziehen sich auf die Zahl der ausgesprochenen Zulassungen und haben mit der Kapazitätsklage erst einmal nichts zu tun.
Alexander Klein Rechtsanwaltsfachangestellter
Rechtsanwälte Dr. Brehm & Dr. Zimmerling www.zimmerling.de 0681/37940-26